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Belgische Kolonialherrschaft


Eigentlich wollte der Afrikaforscher Sir Henry Morton Stanley Zentralafrika dem britischen Reich anschließen, fand im Vereinigten Königreich keine Unterstützung, jedoch bei der belgischen Krone.

Leopold II., bestrebt sein Reich durch Kolonien zu erweitern, schloss mit Sir Henry Morton Stanley 1878 einen Handel. Dieser Zusammenschluss war zwar offiziell auf 5 Jahre festgesetzt, doch der belgische Monarch finanzierte Sir Henry Morton Stanley auch weiterhin.

Während Leopold die staatsrechtlichen Aufgaben, die mit diesem Unterfangen verbunden waren, übernahm, kümmerte sich Sir Henry Morton Stanley um den Erwerb der Gebiete und um den Bau von Straßen, damit die unschiffbaren Teile des Kongos umgangen werden konnten. Finanzielle Unterstützung erhielt Sir Henry Morton Stanley einerseits von Leopold II., andererseits musste der Afrikaforscher zusätzliche Finanzmittel für seine Expedition durch Vortragsreisen und Spenden erringen. Sir Henry Morton Stanley schloss rund 450 Verträge mit verschiedenen Häuptlingen, kaufte weite Teile des Kongogebietes und machte Leopold II. damit zum Besitzer von mehr als 2 Millionen km2 Land. Hinzu kam, dass die Arbeitskraft der dort lebenden Bevölkerung Teil des Vertrages war. Die Häuptlinge, meist des Lesens und Schreibens von vornherein nicht mächtig, unterschrieben Papiere, verfasst in einer unbekannten Sprache. Der an natürlichen Ressourcen reiche Kongo war für Leopold II. eine bedeutende Einnahmequelle. Elfenbein, Bodenschätze und Kautschuk, das wegen einer Reihe neuer Erfindungen (Gummireifen) besonders gefragt war, wurden aus dem Kongo verschifft. Doch nicht nur der Kongo wurde rücksichtslos ausgebeutet, sondern auch die Bevölkerung litt unter der Härte der Kolonialherren. Sir Henry Morton Stanley ließ Straßen, Siedlungen und Städte errichteten, nach außen hin alles zum Wohl der Bevölkerung, im Kampf gegen die Sklavenjäger / -händler und für die Wissenschaft. Doch nicht nur die belgische Krone war an der Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents interessiert, sondern auch andere europäische Staaten (Frankreich, Spanien, Großbritannien, Italien, Deutschland, Portugal) - der „Wettlauf um Afrika“ begann. Die Kongokonferenz, auch bekannt als Berliner Konferenz, ereignete sich zwischen November 1884 und Februar 1885 in Berlin. Auch Sir Henry Morton Stanley kam der Einladung des Reichskanzlers Otto von Bismarck nach. Die Kongoakte, das von allen anwesenden Parteien unterschriebene Schlussdokument der Konferenz und Grundlage für die koloniale Aufteilung Afrikas, regelte in 38 Artikeln unter anderem, dass der Kongofreistaat zum legitimen Privatbesitz der Kongogesellschaft gehört und damit praktisch dem belgischen Monarchen Leopold II. Dieser wurde dazu verpflichtet, die Einwohner zu schützen und deren Lebenssituation zu verbessern beziehungsweise dies zu überwachen und der Sklaverei Einhalt zu gebieten. Der belgische Monarch erklärte seinen Besitz 1885 zum Etat indépendant du Congo („Unabhängigen Staat Kongo“ / Freistaat Kongo) und erlässt für diesen eine Verfassung. Auf der im Jahr 1889 in Brüssel stattfindenden Konferenz gegen die Sklaverei, trat Sir Henry Morton Stanley auf Anweisung des belgischen Monarchen auf. Dieses Verhalten diente nicht nur der Stärkung seiner Position, sondern hatte auch einen Kredit über 25 Millionen Franken vom belgischen Parlament zur Folge. Die systematische Kolonialisierung des gewaltigen Kongos und die Zerschlagung der einheimischen Reiche gingen einher mit der christlichen Missionierung (Aufbau von Krankenstationen und Schulen), der Ausbeutung des Territoriums (Kupfer, Elfenbein, Diamanten, Kautschuk) und der Zwangsarbeit der Einheimischen. Die finanziellen Mittel für die Erschließung des gigantischen Gebietes stammten aus dem Verkauf von Nutzungsrechten. Die Gesellschaften verwendeten zur Verwirklichung ihrer wirtschaftlichen Interessen hartherzige Methoden (Enteignung, Zwangsarbeit, Misshandlungen, Verstümmelungen usw.). Diese Gräueltaten blieben nicht verborgen und hatten um die Jahrhundertwende und zu Beginn des 20. Jahrhunderts enorme Unruhen und internationale Proteste zur Folge. Missionare und Kongoreisende sprachen von abgehackten Händen, welche die Truppen als Beweis für den Munitionsverbrauch vorlegen mussten, was wiederum dazu führte, dass auch Lebende verstümmelt wurden. Auch Sir Henry Morton Stanley geriet durch sein brutales Vorgehen unter Kritik und erhielt den Spitznamen Bula Matari („der die Steine bricht“). Die Öffentlichkeit übte solchen Druck aus, dass 1904 eine Untersuchungskommission errichtet wurde, die jedoch schnell die Missstände aufdeckte. Die Reformen, die Leopold II. erließ (unter dem Drängen erlassen musste), zeigten keine Wirkung. Stattdessen erregten 1908 Berichte über die grauenhaften Praktiken der Kolonialherren im Freistaat Kongo das öffentliche Interesse und sorgten weltweit für Empörung. Nun war Leopold II. unter den Augen der westlichen Nationen zum Handeln gezwungen. Der Freistaat Kongo unterstand fortan dem belgischen Staat und erhielt den Namen Belgisch-Kongo. Zwar verbesserten sich hierdurch die Lebensumstände der Einheimischen (zumindest teilweise), politische Betätigung oder Einflussnahme waren hingegen durch die Verfassung (Charte Coloniale) verboten. Im März 1910 wurde die Zwangsarbeit, zu der die kongolesische Bevölkerung bis dato per Vertrag verpflichtet war, offiziell abgeschafft. Allerdings zeigte sich diese Maßnahme in der Realität wirkungslos, die Unterdrückung blieb. Die natürlichen Reichtümer des Kongos, zu denen unter anderem Kupfer, Zink und Diamanten gehören, sowie die Ausbeutung der Plantagenwirtschaft (Kaffee, Kautschuk usw.) stärkten Belgien und verhalfen zum Status einer Industrienation. Auch die Macht der Konzessionsgesellschaften wuchs, bis in die 60er Jahre beeinflussten diese die politische und wirtschaftliche Entwicklung im Kolonialgebiet. Im Ersten Weltkrieg leistete Belgien der britischen Offensive Unterstützung und besetzte Ruanda-Urundi, Teil der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika. Im Zuge des Versailler Vertrages büßte das Deutsche Reich seine afrikanischen Kolonien ein. Ruanda-Urundi wurde vorläufig von Belgien verwaltet und im Jahr 1925 verwaltungsmäßig dem Belgisch-Kongo angegliedert. Nach Meinung der Belgier war der Kongo zwar reich an Rohstoffen, jedoch fehlten Arbeitkräfte, weswegen die Immigration gefördert wurde, vor allen Dingen aus den Gebieten des heutigen Ruandas. Diese Einwanderung verursachte in der Vergangenheit und auch noch heute ethnische Konflikte, insbesondere die östlichen Regionen der Demokratischen Republik Kongo waren und sind davon betroffen. In den 20er Jahren entwickelten und etablierten sich innerhalb der kongolesischen Bevölkerung diverse Kulte, die sich auf afrikanische Traditionen zurück besannen und nationalistische Ideen begründeten. Belgien sah seine Vorherrschaft bedroht und erließ dementsprechend 1926 ein Verbot gegen alle afrikanischen Organisationen. Die Loslösungsbestrebungen von Katanga im Jahr 1931 wurden erfolgreich abgewehrt. Die Rolle des Kongos gewann an Bedeutung während des Zweiten Weltkrieges. Einerseits beteiligte sich die kongolesische Armee an den Gefechten gegen die Italiener in Nordafrika, andererseits fungierte der Kongo als Rohstofflieferant (Uran, Kupfer, Kautschuk etc.) für die verbündete Kriegswirtschaft. Diese Stellung brachte einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, wodurch folglich die Infrastruktur zügig ausgebaut werden konnte und der Trend zur Verstädterung wuchs. Die medizinische Versorgung und die Grunderziehungen der Einheimischen wurden gewährleistet, allerdings waren die Politik und die Verwaltung weiterhin in der Hand der Kolonialherren, was wiederum die Unzufriedenheit und den Unmut der modernen Afrikaner schürte. 1946 wurde Ruanda-Urundi verwaltungstechnisch vom Kongo getrennt und erhielt 1962 die Unabhängigkeit. Die zwischenzeitlich angesiedelten Ruander, die einst als Arbeiter in den Kongo kamen, verblieben in ihren neuen Heimatgebieten. Ab den 50er Jahren wuchs der Widerstand gegen die belgische Fremdherrschaft. Belgien reagierte hierauf mit einer Vielzahl an Reformen. 1957 war es den Kongolesen erstmalig erlaubt, an Kommunalwahlen teilzunehmen. Ab 1958 gründeten sich die ersten politischen Parteien. 1959 forderten verschiedene Parteien und Bewegungen die Unabhängigkeit des Kongos. Die Belgier begegneten den nachfolgenden Unruhen mit Verhaftungen und Folter, unter den Betroffenen war auch der afrikanische Politiker Patrice Emery Lumumba (Mouvement National Congolais). Die belgische Regierung erkannte, dass eine weitere Kontrolle des riesigen Gebietes unmöglich war und ließ Patrice Emery Lumumba frei. Ende Januar 1960 verkündete die Kolonialmacht ihren Rückzug (innerhalb von 6 Monaten), freie Wahlen und die Unabhängigkeit des Kongos. Am 25. Mai 1960 fanden die versprochenen Wahlen statt, aus diesen ging die Mouvement National Congolais als Sieger hervor. Die angekündigte Unabhängigkeit erhielt der Kongo am 30. Juni 1960.


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