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Unabhängigkeit


Der Sieg von Patrice Emery Lumumbas Partei Mouvement National Congolais kam weder den Belgiern noch den Amerikanern entgegen.

Sie sahen in ihm einen Kommunisten und die Gefahr, dass sich der an Rohstoffen reiche Kongo dem kommunistischen Lager zuneigt, was zu verhindern war. Favorisiert wurde von beiden Mächten Joseph Kasavubu.

Der zügige Rückzug der Belgier führte zu massiven Problemen insbesondere innerhalb der Verwaltung, denn die ausgebildeten belgischen Beamten konnten kaum durch Einheimische ersetzt werden. Zudem stand die Zentralregierung den ethnischen und regionalen Führern gegenüber, die zum Teil deutlich mehr Macht innehatten. Aufstände und Rebellionen erschütterten das Land. Der erste Ministerpräsident Patrice Emery Lumumba und der erste Staatspräsident Joseph Kasavubu versuchten trotz unterschiedlicher politischer Vorstellungen, dass nahezu unregierbare Land zu führen. Eine Ursache für die negative Entwicklung im neuen unabhängigen Kongo war der übereilte Rückzug der Belgier, ein durchaus gut durchdachter Schachzug. Die Belgier, deren Ziel es war, den Kongo beziehungsweise die rohstoffreichen Regionen wieder einzunehmen, hofften auf einen Hilferuf aus dem Kongo.

Von entscheidender Bedeutung war auch die Aussage des belgischen General Émile Janssens, dass eine Aufnahme von Afrikanern in das Offizierskorps derzeitig und in absehbarer Zukunft ausgeschlossen sei (die militärische Führung blieb auch nach der Unabhängigkeit bei den Belgiern). Unruhen breiteten sich daraufhin im ganzen Land aus, an denen nicht nur erwartungsvolle kongolesische Soldaten, sondern auch Zivilsten beteiligt waren. Patrice Emery Lumumba und Joseph Kasavubu nahmen Verhandlungen mit den Aufständischen auf und entließen später den belgischen Oberbefehlshaber und dessen Gefolgschaft. Victor Lundula wurde neuer Oberbefehlshaber und Joseph-Désiré Mobutu wurde zum Stabschef ernannt. Bereits am 29. Juni 1960, also einen Tag vor der Selbstständigkeit des Kongos, erklärte der Politiker Moïse Kapenda Tschombé die Autonomie der Provinz Katanga. Moïse Kapenda Tschombé widerrief seine Proklamation erst, als ihm seine Verhaftung angedroht wurde. Eine helfende Hand fand der Politiker in den Belgiern. Am 10. Juli des gleichen Jahres rückten belgische Truppen in die Provinzhauptstadt Elisabethville ein und am darauf folgenden Tag wurde erneut die Unabhängigkeit Katangas ausgerufen.

Ministerpräsident Lumumba und Staatspräsident Kasavubu baten die UNO um Unterstützung, diese lehnte zwar das Hilfegesuch nicht ab, reagierte allerdings zweigeteilt. Einerseits lösten Blauhelmsoldaten die belgischen Truppen im Kongo ab. Andererseits wurden vertraulichen Informationen an die USA weitergegeben, die ja von vornherein ein Kongo unter Lumumba nicht akzeptieren, aber eine direkte Verwicklung in die Streitigkeiten vermeiden wollten. Kinshasa unternahm Anstrengungen um gegen Katanga aufzurüsten, diese wurden allerdings durch die UNO behindert. Im direkten Konflikt Kongo - Katanga nahm die UNO einen neutralen Standpunkt ein. Belgien hingegen setzte die ehemaligen Truppen des Kongos in Katanga ein. Im August proklamierte die Provinz Sud-Kasai, unterstützt durch den belgischen Bergbaukonzern Forminière, ihre Unabhängigkeit. Noch im selben Monat wurde Kasai durch die kongolesischen Truppen eingenommen und die Provinzhauptstadt besetzt. Albert Kalonji („Diamantenkaiser“), Präsident der selbstständig gewordenen Etat autonome du Sud-Kasai, flüchtete nach Katanga, um Unterstützung bei den Belgiern zu ersuchen, die er auch fand. Belgische Verbände eroberten Kasai zurück, ein weiterer Angriff der kongolesischen Armee konnte vereitelt werden.

Patrice Emery Lumumba suchte nach Beistand und wandte sich zu erst in einem (wie zu erwarten) vergeblichen Versuch an die USA, später an die UdSSR. Die Bitte an die UdSSR war ein „gefundenes Fressen“ für die USA, die in Patrice Emery Lumumba seit jeher einen Kommunisten sahen und sich in ihrer Meinung nun bestätigt fühlten. Lumumba, nun eindeutig als „Gegner“ der USA „entlarvt“, durfte in den Augen der mächtigen Industrienation nicht weiter an der Spitze des Kongos verbleiben, er sollte sterben. Ein erster Tötungsversuch (vergiften) scheiterte.

Gleichzeitig geriet Joseph Kasavubu unter den Druck der USA, Belgiens, der UNO und der abgesonderten kongolesischen Provinzen, woraufhin er Patrice Emery Lumumba im September entlassen wollte. Dieser Antrag wurde allerdings vom Parlament abgewiesen. Folglich wollte Patrice Emery Lumumba Joseph Kasavubu entmachten, doch auch dies wurde vom Parlament abgelehnt. Im September wurde Patrice Emery Lumumba erneut vom Parlament bestätigt und nur kurze Zeit später von Joseph-Désiré Mobutu, der in seinem Vorhaben unter anderem von der CIA unterstützt wurde, gestürzt und unter Arrest gestellt. Joseph Kasavubu hingegen verblieb in seiner Position. Antoine Gizenga, Vize-Premierminister des Kongos, und Mitglieder der kongolesischen Regierung zogen sich im Oktober nach Stanleyville zurück.

Die Regierung unter Joseph Kasavubu wurde am 24. November von der UNO-Vollversammlung, bedrängt durch die USA, als legitim anerkannt. Gleichzeitig wurde hierdurch die Absetzung von Patrice Emery Lumumba von internationaler Seite her gebilligt. Wenige Tage später flüchtete Lumumba aus dem Arrest in Kinshasa, sein Ziel war Stanleyville, vielmehr Antoine Gizenga. Trotz der Unterstützung in der kongolesischen Bevölkerung wurde Lumumba vier Tage später gefasst und in ein Militärlager nach Thysville (heutiges Mbanza-Ngungu) gebracht. Sowohl die Truppen von Joseph-Désiré Mobutu als auch die CIA und der belgische Geheimdienst waren an der Suche beteiligt. Am 13. Dezember wurde durch Antoine Gizenga eine Gegenregierung, die Patrice Emery Lumumba unterstützte, ausgerufen. Antoine Gizenga fand Verbündete in dem General Victor Lundula, der von Joseph-Désiré Mobutu entlassen wurde, und in Teilen der Armee. Die Provinzen Orientale und Kivu wurden durch die Gegenregierung und ihre Helfer eingenommen und besetzt.

Die Gegenregierung setzte ihre Strategie erfolgreich fort, fast das halbe Land stand zum Jahreswechsel unter ihrer Kontrolle. Am 09. Januar wurde die Provinz Katanga zeitweise besetzt, ein „Schlag ins Gesicht“ für die Allianz aus Mobutu, den Belgiern und Amerikanern sowie der UNO.

Patrice Emery Lumumba gelang es, einen Teil der Soldaten im Militärlager für sich zu gewinnen. Der Aufstand dieser Soldaten ging mit der Befürchtung Belgiens einher, Lumumba könnte erneut fliehen. In den Augen des belgischen Afrikaministers (und sicherlich in denen zahlreicher weiterer Belgier, Amerikaner und kongolesischer Machthaber) war Lumumbas Tod die einzige Lösung. Patrice Emery Lumumba und seine Begleiter Okito und Mpolo wurden daraufhin in einer Maschine der früheren belgischen Fluggesellschaft Sabena Richtung Katanga zu Tschombé ausflogen, dort gefoltert und am 17. Januar 1961 getötet. Der Leichnam des früheren Ministerpräsidenten soll zerteilt, mit Säure aufgelöst und verbrannt worden sein. Lumumbas politische Gegner des In- und Auslandes waren anwesend und zum Teil an dem Mordkomplott beteiligt. Joseph Kasavubu errichtete im Februar 1961 eine neue Regierung und ernannte Joseph Iléo zum Premierminister (bis August 1961, danach Cyrille Adoula). Im Dezember endete die Absonderung der Provinz Kasai. Am 16. Januar 1962 wurde Kisangani eingenommen und Antoine Gizenga verhaftet. Somit war fast der gesamte Kongo, mit Ausnahme der selbstständigen Provinz Katanga, von Joseph Kasavubu beherrscht. Die Autonomie von Katanga erlosch mit Unterstützung der UNO-Blauhelme im Januar 1963, als Belgien und die USA ihren Beistand entzogen. Die UNO Mission endete im Jahr 1964. Moïse Kapenda Tschombé wurde überraschend mit der Regierungsbildung beauftragt, Joseph Kasavubu handelte bei dieser Entscheidung auf Druck der USA und europäischer Staaten. Tschombé legte in Stanleyville an einem Ehrenmal von Patrice Emery Lumumba einen Kranz nieder, eine Beleidigung für die Anhänger Lumumbas, der zur Symbolfigur der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung wurde.

In der Folgezeit machten sich die verbliebenen lumumbistischen Vereinigungen bemerkbar. Zahlreiche Aufstände hatten die Vertreibung der Amerikaner und Belgier aus dem Staatsgebiet zum Ziel. Hier ist vor allen Dingen der Simba-Aufstand aus dem Jahr 1964, an dem Laurent-Désiré Kabila maßgeblich beteiligt war, zu nennen.

Im Mai 1965 fanden die zweiten Parlamentswahlen in dem extrem instabilen und zerrissenen Kongo statt. Streitigkeiten und Machtkämpfe (Kasavubu und Tshombé) prägten die Wahlen und bildeten für Joseph-Désiré Mobutu Aufstiegs eine ideale Grundlage. Am 24. November 1965 vollzog Mobutu einen weiteren Putsch und katapultierte sich damit endgültig an die Macht.


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